Rollator-Routine erhöht die Lebensqualität
Behutsam und vorsichtig nehmen die sieben älteren Frauen den Anstieg in Angriff. Ihren Rollator fest gepackt, schieben sie ihn schräg nach links, bremsen mit der rechten Hand und biegen rechts ab. „Serpentinen-Technik“ wird diese Form genannt, sagt Übungsleiterin Annette Pauleit vom DRK-Ortsverein Kirchberg. Sie und ihre Kollegin bieten einen Rollator-Kurs an. Sie wissen genau, wer wann so einen Führerschein machen sollte.
Annette Pauleit macht deutlich: Einen Rollator zu nutzen bedeute nicht, dass die Zeiten der Mobilität auf zwei Füßen nun ein Ende hätten. „Die Leute müssen einsehen, dass es besser ist, den Kurs zu machen, wenn sie noch fit sind und lernen können. Sonst ist es oft bereits zu spät“, sagt sie. Darum seien auch „noch relativ rüstige Senioren“ ihre Zielgruppe, die noch Auto fahren und den Rollator in den Kofferraum packen können. „Die richtigen Fahrtechniken sollten vor den ersten altersbedingen Defiziten verinnerlicht sein“, rät sie. Zu sagen, einen Rollator brauche man noch nicht, sei der falsche Weg. „Wer Rollator fährt ist noch nicht am Ende!“, sagt sie, der diese Kurse „irre Spaß“ machen.
Die Teilnehmer ihres Rollator-Kurses lernen, wie sie sicher Bordsteinkanten nehmen, ohne aus der Puste zu geraten Anstiege meistern, sicher bremsen und auf dem Wagen sitzen können. Sie zeigt, wie man mit einem Rollator in einen Bus einsteigt. „Damit bleiben Sie mobil“, betont die erfahrene Übungsleiterin. Der Bewegungsradius steige. Die sieben Teilnehmerinnen des Kurses sehen das genauso. Soeben trainieren sie die Serpentinentechnik. Die 90-Grad-Drehung erfordert Fingerspitzengefühl und zwei Füße, die mitmachen. Bald versteht auch der neutrale Beobachter, warum ein Rollator-Kurs wichtig ist.
„Der Rollator hilft: Mit ihm komme ich viel weiter beim Spaziergehen.“
Denn Muskelkraft, Beweglichkeit und Koordination sind bei den Teilnehmern nicht mehr so ausgeprägt wie vor einigen Jahren. Sie könne einen Absatz nicht ausgleichen, indem sie den Wagen mal eben anhebt, wie es ihre Enkelkinder könnten, die sie gerne auf den Spielplatz begleiten will, schildert eine Teilnehmerin. Sie will noch lange fit und mobil bleiben, daher der Kurs. „Der Rollator hilft: Mit ihm komme ich viel weiter beim Spaziergehen.“ Die richtigen Techniken und Kniffe zu kennen, erhöhe die Sicherheit und Lebensqualität. „Wenn die Luft nachlässt, dann kann ich mich hinsetzen und brauche keine Bank mehr zu suchen.“ Eine andere Teilnehmerin schildert, dass die Rollator-Routine dazu beitrage, dass sie sich mehr zutraut und so wieder mehr am Alltag teilnehmen kann.
Nächste Übung. Es muss abwechselnd gebremst werden. „Das war jetzt aber gefährlich“, ruft Annette Pauleit auf einmal dynamisch und greift ein. Eine Frau wollte mal eben sitzend durchschnaufen, hatte aber nur eine Bremse aktiviert. Der Wagen brach kurz nach links aus. „Am Berg immer bremsen und mit Blick ins Tal sitzen“, sagt Annette Pauleit. Um auch bei sieben Frauen immer eingreifen zu können, hat sie eine Begleitung dabei, die sie unterstützt.
„Aufrecht bleiben!“
„Heute versuchen wir auch verschiedene Bodenbeläge“, sagt Annette Pauleit. „Im Gras muss man den Rollator anders an die Hand nehmen als auf dem Asphalt.“ Das Gelände um die Gemeindehalle in Kirchberg ist für die insgesamt vier Übungstage ideal. Es gibt schwache und steile Anstiege und verschiedene Untergründe. Und fast alle Herausforderungen können sie mit der richtigen Technik meistern, schildert die DRK-Übungsleiterin. Es motiviere die älteren Menschen, dass sie Fortschritte erkennen. Wieder gibt sie Tipps: Manchmal sei es einfacher, Absätze rückwärts zu bewerkstelligen. Sie zeigt, wann man den Rollator eng am Körper halten muss. Und eine Regel ist Pflicht. „Aufrecht bleiben!“, ruft sie mehrmals stolz. Niemand müsse gebückt am Rollator gehen. Dazu gebe es keinen Grund – und es beeinträchtige ja auch das Sichtfeld. „Wer aufrecht geht, kann immer auf Stolperfallen achten“.
„Teilnehmerin traut sich wieder einen Spaziergang zu!“
Zum Abschluss folgt noch ein steiler Anstieg einen schmalen Weg hoch. Die Serpentinen-Technik ist erneut gefragt. Richtig bremsen und passend den Rollator drehen, das ist die richtige Technik. Als ein Rollator stecken bleibt, hilft Annette Pauleit und gibt Tipps. Und wenn es den Berg runtergeht? Dann wird die „Stotter-Bremse“ genutzt. Viele Techniken werden vorab in der Turnhalle gezeigt und draußen ausprobiert. Die Übungseinheit endet. „Das waren zwei anstrengende Stunden für die Damen“, weiß Annette Pauleit. Ihr Training fordere und fördere die Denkfähigkeit und die Koordination. „Eine Teilnehmerin traut sich jetzt wieder einen Spaziergang zu!“, freut sie sich. Das sei das Ziel ihres Kurses! Die Übungsleiterin hat sich in Sachen Rollator-Führerschein fortgebildet und sich schon selbst mit Rollator und Bahn auf den Weg nach Stuttgart gemacht, um es auszuprobieren, sagt sie. Mehr solcher Kurse für die Senioren im gesamten Kreis hält sie für sinnvoll.
Infos: Wer sich über die Rollator-Kurse beim DRK informieren möchte, kann sich gerne an Annette Pauleit wenden: 07144 35301 oder per E-Mail an: annette.pauleit@freenet.de