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Sein erster Einsatz war vor einigen Jahren ein schwerer Verkehrsunfall auf der B29. Ralph Reichert traf vor dem Rettungsdienst ein, war somit auf sich allein gestellt. „Mit zwei Patienten bin ich ganz schön ins Schwitzen gekommen“, schildert er, „aber ich war gut ausgebildet“. Ralph Reichert ist ehrenamtlich als Helfer vor Ort fertig. Passiert in Plüderhausen ein Unfall, werden er und seine ausgebildeten Helfer-Kollegen vom Roten Kreuz oft alarmiert, um als Nachbarn schnell helfen zu können. Acht ehrenamtliche Retter gibt es mittlerweile in Plüderhausen. Sie wollen anderen helfen. Warum?

Andreas Bellmann war als Betreuer bei einem Zeltlager. Können sie bei einem Unfall schnell helfen, fragten sie sich abends am Lagerfeuer – und verneinten. Andreas Bellmann entschied, er will derjenige sein, der im Notfall eingreifen kann. Er ging zum DRK. „Ich wohne im ländlichen Raum, da braucht der Rettungswagen etwas länger“, weiß er. „Wenn in Walkersbach etwas passiert und ich zuhause bin, kann ich helfen“. Denn er ließ sich beim Roten Kreuz zum Helfer vor Ort ausbilden.

Tolle Helferquote: 43 von 44 Einsätzen wahrgenommen

44 Mal wurden die Ehrenamtlichen in diesem Jahr zu einem Einsatz gerufen: Bei Einsatzstichworten wie Bewusstlosigkeit, Amputationsverletzung oder Kreislaufstillstand alarmiert die Leitstelle in Waiblingen standardisiert alle Helfer vor Ort. 43 Mal rückte mindestens ein Ehrenamtlicher aus, zu Fuß oder mit dem eigenen Auto. Eine sensationelle Helfer-Quote. Früher waren Einsätze selten, vielleicht mal während der Plüderhäuser Festtage, erinnert sich Ralph Reichert. Doch was hilft es, wenn das DRK sehr gut ausgebildete Fachkräfte hat, aber diese kaum zum Einsatz kommen? Mit dem Helfer vor Ort-System im Landkreis, 1999 vom DRK etabliert, werden die ausgebildeten Ehrenamtlichen zum wichtigen Glied in der Rettungskette. „Wir konnten unser Wissen an den Start bringen und können richtig was reißen!“, sagt Ralph Reichert. Darum machte das DRK in Plüderhausen früh mit. Meist haben sie als Retter aus der Nachbarschaft Eintreffzeiten von ein bis vier Minuten – deutlich schneller als der Rettungsdienst, der aus den Wachen anrücken muss. Zeit ist ein entscheidender Faktor. Können sie früh mit der Reanimation beginnen, verdoppelt oder vervierfacht sich die Überlebenswahrscheinlichkeit. Und das ist extrem sinnstiftend, sagen sie. Und so begeben sie sich wissentlich in mitunter extreme Situationen. Das nötigt vielen Menschen Respekt ab. Sie wiegeln bescheiden ab. „Wo es möglich ist, wollen wir helfen“, erklärt Ralph Reichert. Aus- und Fortbildung sowie die Einsätze führten zu Routine.

Am Einsatzort weisen sie sich als Helfer vor Ort der DRK-Bereitschaft aus, der vor dem Rettungswagen und Notarzt eintreffe. Einsatzjacke und Notfallrucksack stehen für Professionalität. Und sie arbeiten als Ehrenamtliche im Rahmen ihrer – auch rechtlichen – Möglichkeiten professionell, leisten erste wichtige Hilfe, bis der Rettungsdienst eintrifft. Oft können sie helfen, manchmal auch Leben retten – mitunter kommen sie zu spät. Nach jedem Einsatz tauschen sich die Kameradinnen und Kameraden aus: Was lief gut, was nicht. Wo gibt es Gesprächsbedarf? Professionelle Hilfe stehe ebenfalls bereit, berichtet Bereitschaftsleiter Markus Zürn.

„Das Pflichtbewusstsein ist hoch“

Ihre Arbeitgeber seien in der Regel kulant. Nicht immer seien sie abkömmlich, aber fast immer rücke einer oder eine aus ihrem Team aus. „Das Pflichtbewusstsein ist hoch“, weiß Markus Zürn. Ihre Ausbildung sei umfangreich. Helfer müssen unter anderem ein Praktikum beim Rettungsdienst machen. Erste Einsätze übernehmen sie nicht alleine, sondern gemeinsam mit erfahren Kameraden. Das habe sich bewährt. Erfahrene Kräfte schätzen ein, wer für den Helfer-vor-Ort-Einsatz geeignet ist und wer nicht – mitunter noch nicht. Denn auch die Eigengefährdung gilt es zu beachten. Selten treffen sie auf alkoholisierte und aggressive Angehörige. Dann müssen sie auf die Polizei warten. Das sei die Ausnahme. Gefahren lauern woanders. Die Anfahrt mit dem Privatauto sollte nicht die Helfer oder Verkehrsteilnehmer gefährden. Wenn Patienten bewusstlos sind: Woran könnte das liegen, Stichwort Kohlenstoffmonoxid-Vergiftung. Auf diese Fälle und rechtliche Fragen werden die Helfer vorbereitet.

Für die Ausbildung und Ausrüstung neuer Helfer kommt mittlerweile der DRK-Ortsverein Plüderhausen auf – der sich überwiegend über Spenden finanziert. Viele Helfer haben Teile ihrer Ausrüstung oder technische Raffinessen privat finanziert. Regelmäßig investieren sie Zeit und Energie, bilden sich fort, um Ihren Mitbürgern im Notfall beizustehen. Natürlich lege niemand Wert darauf, dass der Melder piept, „aber wenn es soweit ist, wollen wir helfen“ – und im Ernstfall Leben retten. Die Helden aus der Nachbarschaft.  

Info:

Derzeit verfügen die acht Helfer vor Ort in Plüderhausen über drei Defibrillatoren. Für den plötzlichen Herztod ist am häufigsten Kammerflimmern verantwortlich, das nur durch einen Elektroschock gestoppt werden kann. In vielen Fällen können diese Schockgeber daher Leben retten. Wünschenswert ist, dass jeder Helfer vor Ort mit diesem technischen Lebensretter ausgerüstet werden kann, der sie bei der Reanimation unterstützt. Der Ortsverein Plüderhausen ist daher dankbar über Spenden, um weitere Geräte anschaffen und möglichst jeden Retter damit ausstatten zu können. Infos auf: www.drk-pluederhausen.de.

Hintergrund:
Rund 200 Ehrenamtliche engagieren sich im Rems-Murr-Kreis als „Helfer vor Ort“ beim DRK. Sie sind Helden des Alltags. Einige von ihnen haben durch ihren persönlichen Einsatz ein Menschenleben gerettet. Sie wurden alarmiert, schnappten sich ihren Notfallrucksack und gingen oder fuhren los, um Menschen aus ihrer Nachbarschaft oder in der Nähe ihres Arbeitsplatzes zu helfen. Wegen ihrer guten Ausbildung wissen sie, dass sie am Einsatzort nicht überfordert sind. Sie können helfen. Darum wollen sie helfen. Bei Einsatzstichworten wie Bewusstlosigkeit, Amputationsverletzung oder Kreislaufstillstand alarmiert die Leitstelle in Waiblingen standardisiert alle Helfer vor Ort, abgekürzt HvO, im Umkreis. Ihre Schnelligkeit macht sie so wertvoll. Die Laienreanimation überbrückt die bisher oft therapiefreie Zeit bis zum Eintreffen des professionellen Rettungsdienstes. „Wir haben es geschafft, dass es mittlerweile überall im Kreis unsere ehrenamtlichen Retter gibt“, betont DRK-Kreisgeschäftsführer Sven Knödler, selbst als HvO aktiv. Die Ehrenamtlichen können reanimieren, Sauerstoff geben, einen Druckverband anlegen, eine erste Diagnose stellen und Leitstelle und Rettungsdienst mit wichtigen Zusatzinformationen versorgen. Und sie sind ganz einfach da – auch für die Angehörigen. Durch ihr Wissen und ihre Präsenz können sie beruhigen und ermutigen, anweisen und später den Rettungsdienst unterstützen.