Schnell ankommen und sicher das Ziel erreichen
Wenn die Leitstelle meldet „Notfalleinsatz bei einem Kleinkind“, drücken die Mitarbeiter vom Rettungsdienst schon mal etwas mehr aufs Gaspedal. Jede Sekunde zählt. Doch einen vier Tonnen schweren Rettungswagen sicher durch überfüllte Bundesstraßen, dicht gedrängten Stadtverkehr oder bei prasselndem Regen in der Nacht zu steuern, ist eine Herausforderung. Das DRK bietet seinen Mitarbeitern hierfür jetzt ein spezielles Fahrsicherheitstraining an.
Das Risiko eines Unfalls ist bei jeder Sonderrechtsfahrt, wenn Blaulicht und Martinshorn eingeschaltet sind, um ein Vielfaches erhöht. Auch erfahrene Retter und gute Fahrer stehen jedes Mal unter Adrenalin, wenn sie sich mit hoher Geschwindigkeit einer roten Ampel nähern. Während ihrer Ausbildung werden die Mitarbeiter des DRK-Rettungsdienstes schrittweise an die Einsatzfahrten und später Sonderrechtsfahrten herangeführt, erst als Beifahrer, dann unter Aufsicht und später sitzen sie am Steuer. Nach erfolgreicher Ausbildung sind sie sichere Fahrer, weiß Dominik Bohn von der Abteilung Aus- und Fortbildung Rettungsdienst beim DRK-Rems Murr. Doch das Thema Verkehrssicherheit gewinnt an Bedeutung, weil es für den Rettungsdienst immer anstrengender wird, mit Blaulicht und Sirene über volle Straßen zu fahren. Nicht nur regelmäßige Hiobsbotschaften in Sachen Rettungsgasse lassen hier aufhorchen. Moderne Autos sind mehr und mehr gedämmt. Wer Musik hört, nimmt Rettungswagen und Notarzt mitunter erst sehr spät wahr. Vielleicht zu spät. Darum investiert das DRK in verbesserte Sicherheitstechnik und bot nun ein Training mit Profis an.
Mit der Kreisverkehrswacht trainiert
Moderne Rettungsfahrzeuge sind lauter, haben ein großes Airbag-System, LED-High Performance-Scheinwerfer für Nachtfahrten, LED-Blitzleuchten an den Außenspiegeln, die die Sichtbarkeit der Wagen erneut erhöhen sowie weitere Neuerungen. Doch am Steuer sitzen immer noch Menschen – im Rettungswagen und in jedem Auto, Bus oder Lkw. Im Ernstfall, wenn Autos nicht ausweichen oder Verkehrsteilnehmer unvorhergesehene Bewegungen machen, müssen die Fahrer schnell und sicher reagieren können. Sie müssen bei Vollbremsungen und auch bei sehr hohen Geschwindigkeit jederzeit die Kontrolle über das Fahrzeug behalten. Das haben sie nun auf einem Trainingsgelände mit der Kreisverkehrswacht erstmalig geübt und sich Tipps von Profis geholt.
Sicheres Fahren fängt bei der richtigen Sitzposition an: Sitzhöhe, Position der Kopfstützen, Abstand zu Pedalen und Lenkrad. Das alles muss passen – und es muss schnell passen, wenn der Ernstfall eintritt, erläuterten die Experten beim Fahrsicherheitstraining für die DRK-Retter. Gemeinsam mit den Lehrern der Kreisverkehrswacht wurde dieser nun trainiert, denn im normalen Straßenverkehr kann man nicht eben bei 80 Stundenkilometern eine Vollbremsung machen oder versuchen, Autos auszuweichen.
Nicht mit 70 Sachen durch die Spielstraße fahren
„Es ist eine wertvolle Erfahrung dies zu trainieren, damit unsere Kollegen in Drucksituationen wissen, wie sie regieren können“, berichtet Dominik Bohn. Dann müsse der Autopilot im Kopf anspringen, der kräftig bremst, das Fahrverhalten des Sprinters kennt und die Lenkbewegungen an die Geschwindigkeit anpasst, so Bohn weiter. So wurde immer wieder geübt, unvorhergesehenen Fahrbewegungen anderer Fahrzeuge oder spät auszumachenden Hindernissen auszuweichen und dabei stets die Kontrolle über das Fahrzeug zu behalten – auch bei Nässe, spiegelglatter Fahrbahn und anderen Umwelteinflüssen. „Ein Rettungswagen kann auch mal mit 120 km/h und ein Notarzt mit 150 km/h unterwegs sein, um Patienten schnell zu erreichen“, so Bohn. Die Sicherheit der Fahrer und der Verkehrsteilnehmer sei dabei entscheidend: Über eine Ampelkreuzung fahre man nicht, ohne vorher abzubremsen. Es gelte, die jeweils vorgeschriebene Geschwindigkeit nicht um mehr als die Hälfte zu überbieten. Sprich: Kein Rettungswagen wird mit 70 Sachen durch eine Spielstraße fahren.
"Da merkst du erst mal, wie lang so ein Bremsweg ist“
Bei den Sicherheitstrainingseinheiten, die das DRK nun für seine Mitarbeiter anbietet, sollen die Retter die Fahreigenschaften in Extremsituationen besser einschätzen und dafür mal bis an Limit gehen können. Damit sie im Ernstfall weder sich, noch Patienten und andere Verkehrsteilnehmer in Gefahr bringen und ständig die Kontrolle behalten. Dominik Bohn weiß jetzt, wie stabil die rund vier Tonnen schweren Fahrzeuge auch bei extremen Fahrmanövern unterwegs sind. Doch er kennt auch die Grenzen von Physik und Schwerkraft. Und an die geht man nur, wenn man sicher ist. „Wenn Du mit 80 km/h voll in die Eisen gehst, da merkst du erst mal, wie lang so ein Bremsweg ist“.