Wir wissen, wir müssen an ungewöhnlichen Tagen arbeiten - Besuch in der Leitstelle
Zu den Berufsgruppen, die an Heiligabend und Silvester arbeiten müssen, gehören auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des DRK, die in der Integrierten Leitstelle (ILS) Rems-Murr sämtliche Hilfeersuchen und Notrufe der Bevölkerung im Landkreis über die Notrufnummer 112 entgegennehmen. Für sie gibt es keine Feiertage. 24 Stunden am Tag sind sie für die Menschen im Einsatz.
„Es macht mir nichts aus“, sagt Leitstellen-Disponent Nico Schneider. „Wenn man diesen Job macht, weiß man, dass man auch an ungewöhnlichen Tagen arbeiten muss.“ Der Jahresdienstplan schreibt die Schichten vor „und der nimmt keine Rücksicht auf Feiertage“, so Leitstellen-Disponent Bernhard Stickel. Aber das ILS-Team spricht sich im Vorfeld ab. In der Leitstelle wird eine Liste geführt, in die sich die Disponenten freiwillig für Feiertagsdienste eintragen können. Diese Absprachen im Vorfeld funktionieren gut. „Natürlich sind wir kollegial und nehmen Rücksicht auf unsere Kolleginnen und Kollegen mit Kleinkindern“, sagen die beiden Disponenten. „Der Job macht mir Spaß“, betont Nico Schneider. „Ich arbeite Weihnachten gern, damit meine Kollegen mit ihren Kindern Bescherung feiern können.“ Wer an Weihnachten arbeite, würde dann aber schon gerne Silvester freihaben.
An Heiligabend gibt es erfahrungsgemäß weniger Notrufe, vor allem zu den Zeiten, an denen die Menschen in die Kirche gehen und Bescherung feiern, wissen die erfahrenen Leitstellen-Disponenten. „Weihnachten befinden sich die Menschen in gesicherten Räumen“, schildert Stickel. Es gebe weniger Arbeits- und Verkehrsunfälle. „Es ist auffällig, dass es in der Abendschicht ruhiger ist“. Zwar sei die Gefahr wegen unbeaufsichtigter Kerzen über die Feiertage größer, aber hier steige die Einsatzkurve für die Feuerwehren nicht rasant an. Die Leitstelle koordiniert und lenkt alle Einsätze der Notfallrettung sowie des qualifizierten Krankentransportes und alarmiert außerdem die Feuerwehren im Landkreis, wirkt im Katastrophenschutz mit und vermittelt den ärztlichen Bereitschaftsdienst.
In den vergangenen Jahren kam es an Heiligabend erst zu vorgerückter Stunde häufiger zu Einsätzen aufgrund übermäßigen Alkoholkonsums.
Wegen des in der Vergangenheit reduzierten Einsatzaufkommens arbeitet an Heiligabend eine Person weniger in der Integrierten Leitstelle als gewöhnlich. Von 7 bis 15 Uhr arbeiten vier Personen. Danach sind noch drei Personen im Dienst. Ab 20 Uhr übernimmt die Nachtschicht bis 6 Uhr. Schneider und Stickel übernehmen in diesem Jahr den Dienst von 13 bis 20 Uhr. „Davor und danach können auch wir Weihnachten feiern.“ Und es gebe ja noch die weiteren Feiertage für Treffen mit der Familie. Und in diesem Jahr ist ja sowieso alles anders. „Corona macht es uns, die an den Feiertagen arbeiten, einfacher, weil wir ja auch zu Hause nicht so viel machen können“, sagt Bernhard Stickel.
Ist eine Heiligabend-Schicht anders als gewöhnliche Schichten? „Wir arbeiten genauso professionell wie immer“, sagt Nico Schneider trocken. Und generell gilt: Die Leute, die über die Feiertage die 112 wählen, verhalten sich genauso wie sonst. „Sie befinden sich in einer Ausnahmesituation, haben ein Problem, stehen unter Stress, haben Panik.“ Da wünschten einem die wenigsten Anrufer „frohe Weihnachten“, weiß Nico Schneider und schmunzelt. Die Arbeitsaufteilung unterscheide sich an den Feiertagen nicht von den üblichen Schichten. Es gibt Call-Taker, also Notruf-Sachbearbeiter sowie die Disponenten für den Rettungsdienst und für den Krankentransport.
Was hätten sie am 24. Dezember gemacht, wenn sie nicht arbeiten müssten und es keine Einschränkungen durch die Corona-Pandemie geben würde? „Ich wäre daheim geblieben, vielleicht zu meinen Eltern gefahren“, sagt Nico Schneider. Aber das könne man ja nachholen. Bernhard Stickel zuckt die Achseln. Ursprünglich war ein Skiurlaub über die Feiertage vorgesehen. Aber daraus werde ja bekanntlich nichts. Insofern feiert er Heiligabend vor und nach seiner Schicht mit seiner Frau. In jedem Fall werden sie auch während der Heiligabend-Schicht in diesem Jahr eine Weihnachtspastete in der kleinen Küche vorbereiten und gemeinsam verspeisen, „wenn es zeitlich möglich ist. Wir sind es gewohnt, das Essen und Trinken schlagartig zu unterbrechen, wenn ein Notruf eingeht.“