DRK macht mit, wenn Urbach schockt
Das richtige Handeln in einem Notfall kann über Leben und Tod entscheiden. Helfen fällt leichter, wenn die Menschen wissen, wie sie schnell und richtig eingreifen können. Wie das geht, hat nun zum ersten Mal in der Region eine ganze Gemeinde vorgemacht. „Urbach schockt“ hieß es am Sonntag in der Auerbachhalle.
„Wir alle, ganz Urbach, werden aktiv gegen den Herzinfarkt“, begrüßte Bürgermeisterin Martina Fehrlen die mehr als 550 Besucher zu einer „außergewöhnlichen“ und hochkarätigen Veranstaltung, bei der es humorvoll, lehrreich und emotional zuging. Das lag auch an Dr. Thomas Eul, Vorsitzender des Vereins „Gemeinsam gegen den Herzinfarkt e.V. (Kardioverein)“ im Rems-Murr-Kreis, Ko-Veranstalter dieser großangelegten Aufklärungs- und Reanimations-Offensive für den Landkreis. Und die Redner hatten tolle Nachrichten: Auch dank des Engagements der Kardiologen und unseren beherzten Ersthelfern lebt es sich im Rems-Murr-Kreis im Falle eines Herzinfarktes sicherer als anderswo. Woran liegt das?
„Wer geschult ist, hat keine Angst im Notfall“, hielt Martina Fehrlen fest. Moderator Professor Dr. Andreas Jeron, Chefarzt der Klinik für Kardiologie der Rems-Murr-Kliniken, ergänzte, es gehe darum, richtig und schnell zu reagieren. Und hier setzt der „Kardioverein“ an, der unentgeltliche Vorträge für Firmen und Vereine anbietet, um über das Thema Herzinfarkt zu informieren, über Risiken und Prävention aufzuklären, und vor allem deutlich zu machen, wie wichtig und einfach es ist, im Notfall zu helfen. Zum ersten Mal hielten sie diesen Vortrag vor einer ganzen Gemeinde und luden im Anschluss mit DRKlern dazu ein, an der Puppe die richtige Reanimation und den Gebrauch des Defibrillators („Schockgeber“) zu üben. Wo diese Lebensretter zu finden sind, dafür hat das DRK gesorgt.
Thomas Brucklacher, Mitarbeiter der Integrierten Leitstelle des Rems-Murr-Kreises, hat ein Defi-Karte programmiert, auf der immer mehr automatische Lebensretter registriert sind. Im Notfall kann die Leitstelle, unter der bekannten Nummer 112 zu erreichen, gemeldete und geschulte DRK-Ersthelfer alarmieren, die in den meisten Fällen noch vor dem Rettungsdienst eintreffen – und Leben retten. Und es können viele Leben gerettet werden, machte Dr. Thomas Eul deutlich.
Rund 48.700 Menschen sterben im Jahr an einem Herzinfarkt, führte er in seinem Vortrag aus, denn das Herz, das „schwäbische Organ“ will zwar immer schaffen, doch manchmal klappt das eben nicht mehr, erläuterte er humorvoll die medizinische Seite des Herzinfarktes, bei dem Herzmuskelzellen aufgrund von Durchblutungsstörungen absterben, was tödlich enden kann. Die moderne Medizin kann helfen, doch der Faktor Zeit entscheide über die Prognose. „Ein Herzinfarkt muss so schnell wie möglich behandelt werden!“ Bei folgenden Beschwerden muss sofort der Notarzt gerufen werden: Plötzliche Schmerzen im Brustkorb in Ruhe, die nicht nach wenigen Minuten verschwinden, Schmerzen im Brustkorb unter Belastung, die in Ruhe anhalten, plötzliche Atemnot, plötzliche Übelkeit. Häufig, aber nicht immer strahlen die Schmerzen aus in den Oberbauch, in einen oder beide Arme, in den Unterkiefer oder in die Zähne. Diese Symptome kommen in der Regel nicht alle gleichzeitig vor; schon bei einem dieser Beschwerdebilder soll der Rettungsdienst verständigt werden.
Kommt es noch schlimmer und es liegt ein Herz-Kreislaufstillstand vorkönnen auch Laien Leben retten. Jeder soll in Zukunft eine richtige Herzdruckmassage und auch schocken, also den Defibrillator einsetzen können. Urbach machte es vor. Urbach schockte. Und ein im wahrsten Worte lebendes Beispiel, Herr Rouven Gesierich, erzählte die Geschichte seiner Wiederbelebung. Nur durch die Hilfe seiner Ehefrau, die ebenfalls vom plötzlichen Herz-Kreislaufstillstand ihres Mannes berichtete und nur durch beherzt eingreifende Ersthelfer hat Herr Gesierich eine Wiederbelebung ohne jegliche neurologische Schäden überlebt, konnte nach wenigen Monaten wieder arbeiten und ist nach einem halben Jahr wieder sportlich aktiv.
So konnten nach dem Vortrag, einer hochkarätigen Gesprächsrunde mit Manne Lucha, Minister für Soziales und Integration in Baden-Württemberg, der sich von dem Engagement des Kardioverein begeistert zeigte, Herrn Staatssekretär Wilfried Klenk, der die Entwicklung des Rettungsdienstes in den letzten Jahrzenten skizzierte, Sven Knödler, DRK-Kreisgeschäftsführer, der um ehrenamtliche Helfer warb, Prof. Dr. Dietrich Andresen, Vorsitzender der Deutschen Herzstiftung und Landrat Dr. Richard Sigel wurde fleißig die Reanimation geübt. Diese Laienreanimation, in Verbindung mit dem Ausbau des flächendeckenden Helfer-vor-Orts-Netzes durch das DRK und konkrete Absprachen zwischen DRK-Rettungsdienst und der Klinik für Kardiologie im Falle eines Herzinfarkts, machen den Rems-Murr-Kreis zu einem Landkreis, in dem das Risiko an einem Herzinfarkt zu sterben, nun mehr deutlich geringer ist als in anderen Gebieten Deutschlands: Im Rems-Murr-Kreis seien zuletzt 57 Prozent weniger Menschen an einem Herzinfarkt gestorben, als dies statistisch zu erwarten gewesen wäre.. Natürlich machte Dr. Thomas Eul auch deutlich, dass ein gesunder Lebensstil und Sport ebenfalls enorm wichtig dabei sind, erst gar keinen Herzinfarkt zu kriegen. Und auch das ist eine Kernbotschaft: Viel haben wir selbst in der Hand und es ist nie zu spät, sich aktiv um seine Gesundheit zu kümmern..
Zum Abschluss wurde noch ein von Patricia Bäuchle und der Planungsgruppe S spendierter Defibrillator durch Frau Julica und Jana Grass an das Urbacher DRK und die Helfer vor Ort in Urbach überreicht,. Derlei motiviert, zogen im Laufe der Veranstaltung weitere Firmen nach. Herzlichen Dank! Je früher Herzdruckmassage und Defi zum Einsatz kommen, desto mehr Leben können gerettet werden, betonte Frau Dr. Jutta Franz, Leiterin der Intensivstation der Rems-Murr-Klinik in Winnenden: „Pro Minute später sinkt die Überlebenswahrscheinlichkeit um 10 Prozent!“ Im Landkreis sorgen 170 Helfer vor Ort dafür, dass die Überlebenschance hoch ist. „Sie sind der Schlüssel“, hielt Sven Knödler vom DRK fest. Die Helfer vor Ort werden beim Herz-Kreislaufstillstand parallel zum Rettungsdienst / Notarzt alarmiert und sind oft früher als dieser am Einsatzort, erläuterte Knödler. Und Helfer vor Ort kann jeder werden: Jeder, der sich z. B. bei einem Ortsverband des DRK im Landkreis meldet, könne sich ausbilden lassen und Lebensretter werden. „Und jeder Helfer vor Ort sollte einen Defibrillator haben“, warb der DRK-Geschäftsführer.
Landrat Dr. Sigel ist stolz darauf, dass der Landkreis als Geburtshelfer für dieses Projekt der lokalen Kardiologen wirken konnte. Dies sei ein Projekt, das in die Breite gehöre, „Urbach schockt ist eine eindrucksvolle Aktion“. Prof. Dr. Dietrich Andresen, Vorsitzender der Deutschen Herzstiftung und extra aus Berlin angereist, sprach von einem Leuchtturm-Projekt. Und der leuchtete am Sonntag in Urbach.
Info:
Im Foyer und vor der Auerbachhalle gruppierten sich Institutionen und Vereine zu einer kleinen „Messe“: Eine Apotheke bot eine Blutdruck- und Blutzuckermessung an. Für Kinder war ein Puppentheater organisiert. Außerdem konnten sie die Rettungs- und Einsatzwagen des Urbacher DRK-Ortsvereins und der Feuerwehrabteilung besichtigen und sich zeigen lassen, wie ein Teddybär fachmännisch verarztet wird. Die AOK informierte über ausgewogene Ernährung sowie Möglichkeiten der Vorsorge.
Defis melden unter : AED@drk-rems-murr.de oder www.kardioverein.de
Kostenfreie Aufklärungsveranstaltung buchen unter www.kardioverein.de